Fohlen-Bilanz 2023: Franzosen, Verbandshengste, Landbeschäler und PS
Top-Hengst aus Holstein: Charaktervoll, hier unter Rolf-Göran Bengtsson Foto: Janne Bugtrup

Fohlen-Bilanz 2023: Franzosen, Verbandshengste, Landbeschäler und PS

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Zu den Global Playern in der Springpferdezucht gehören die Franzosen, Holsteiner, Oldenburger, Westfalen und Hannoveraner. Ihre Züchter haben die Top-Ten-Hengste mit Springpferde-Pedigree im Fokus. Diese Väter spielen in Gegenwart und Zukunft eine Hauptrolle. Der langjährige Geschäftsführer des Oldenburger Zuchtverbandes, Heiner Kanowski, hat für spring-reiter.de in den Ahnentafeln dieser Hengste – den Top-Ten mit den meisten Fohlen des Jahrgangs 2023 – geblättert:

Springpferde Oldenburg-International (OS): Rund 120 Fohlen wurden durchschnittlich von jedem der Top-Ten-Väter in 2023 registriert. Was einem Anteil von etwa 36 % des gesamten OS-Jahrgangs entspricht.

Im Mittel sind die Hengste 9 Jahre alt, wenn sie den Stuten zugeführt werden.

Die Züchter setzten auf Hengste, von denen etwa die Hälfte 1.40 und höher erfolgreich ist. Dies ist bei der starken Nutzung junger Hengste natürlich. Wohingegen alle Väter dieser Beschäler im Spitzensport zuhause waren, ebenso wie acht der Mutterväter.

Sechs der Top-Hengste sind OS und vier von ihnen weisen Holsteiner-Väter aus. Die Hengst-Dynastien des Cor de la Bryére (7) und Diamant de Semilly-Grand Veneur (4; addiert sind es 11 Hengste in der Liste, da der 10. Platz bei Gleichstand zwei Mal vergeben wurde) dominieren. Alle Hengste – mit einer Ausnahme – sind im niedersächsischen Mühlen zuhause. Hier stand auch der Mecklenburger Chacco-Blue, der bei den Top-Ten mit drei Söhnen hervortritt. Darunter auf dem 1. Platz Chacoon Blue M.v. Cartoon-Domino aus dem berühmten Stamm der Agenda v. Agram (240 Fohlen), 5. Platz Chaccothage Blue M.v. Conthargos-Armitage (127 Fohlen) und 8. Platz Chacfly M.v. Sir Shutterfly-Cento (44 Fohlen).

Wie Chaccothage Blue und Chacfly stammen drei weitere Hengste in der Top-Ten-Liste aus Holsteiner-Stutenstämmen – sprich die Hälfte hat ihren Ursprung im Land zwischen den Meeren.

Holsteiner (Holst): Rund 90 Fohlen wurden durchschnittlich von den Top-Ten-Vätern in 2023 registriert. Was einem Anteil von etwa 30 % des gesamten Holst-Jahrgangs entspricht.  

Im Mittel sind die Hengste nicht einmal halb so alt wie ihre französischen Kollegen (siehe nachstehend „Im internationalen Vergleich“). Sie sind 8 Jahre jung, wenn sie den Stuten zugeführt werden. Die Züchter sind treu und setzen auf Tradition. 9 der Top-Ten-Hengste sind Holsteiner, sind beim Verband stationiert. Alle Beschäler entspringen Holst-Mutterstämmen.
Bei den Vätern der Hengste ist die Genetik vielfältiger, jeweils drei weisen einen Vertreter der Niederlande und Belgiens im Pedigree aus. Bei den väterlichen Dynastien dominieren die Franzosen mit 9 Botschaftern – Cor de la Bryére (4), Almé (3) und Diamant de Semilly (2).

Hervorzuheben sind zwei Auffälligkeiten in der Holst-Top-Rangierung.
Zum einen ist hier ein Vater-Sohn-Duo präsent mit Crack v. Cornet Obolensky-Candillo-Aloubé Z/Stamm 1020 und Charaktervoll v. Comme il faut (v. Cornet Obolensky)-Contendro I-Capitol I/474a (siehe Westfalen).
Zum anderen fällt ein starkes Trio der Almé-Dynastie auf, dem United Way v. Uriko-Concerto II-Lord/1916, Uriko v. Untouchable-Lavito-Corrado I/4172 und Vigado v. Vigo d’Arsouilles-Quo Vados-Cash and Carry/776 angehören.

Auch bei den Muttervätern ist Cor de la Bryére mit 7 Vertretern dominierend.

Ein Stutenstamm ist sogar mit zwei Botschaftern unter den Top-Ten präsent. Aus der Holsteiner-Leistungsfamilie 4847 entspringen Keaton v. Kannan-Contendo I-Ritual und Esmeraldo v. Emerald v.d.R.-Caretino-Lord.

7 Top-Ten-Hengste sowie 10 ihrer Väter sind 1.40 und höher erfolgreich.

Hannoveraner (Hann): Rund 60 Fohlen wurden durchschnittlich von den Top-Ten-Vätern in 2023 registriert. Was einem Anteil von etwa 10 % des gesamten Hann-Jahrgangs entspricht. Der Anteil hier ist ebenso wie bei den Westfalen deutlich geringer, da es sich nicht um einen Spezialverband für die Disziplin Springen handelt.

Im Durchschnitt sind die Hengste ebenso jung, wie die Holsteiner (8-jährig), wenn sie den Stuten zugeführt werden.

Die Züchter sind einerseits ihrem Landesherrn treu, die Hälfte der Beschäler steht im Landgestüt Celle, und anderseits der genetischen Vielfalt sehr zugeneigt, was allerdings angesichts der Ahnentafeln kein Widerspruch ist.
Führend in der Top-Ten-Liste sind mit Diathletico v. Diacontinus-Escudo I-Athletico und Diacontinus v. Diarado-Contendro I-Argentinus Vater und Sohn aus Celle. Sie entstammen der SF-Hengstlinie des Diamant de Semilly-Grand Veneur, die in der Top-Ten-Liste drei weitere Hengste (Esmeraldo v. Emerald v.d.R., Nairobi de Muze v. Elvis ter Putte und Diablue PS v. Diaron) entsprungen sind.

4 Hengste sind aus Hann-Stutenstämmen und 3 aus Holst hervorgegangen.
Bei den Vätern kommen je 2 aus Hannover, Belgien und Holland. Die Hälfte entspringt der Linie des Diamant de Semilly-Grand Veneur und je 2 der des Furioso xx und des Cor de la Bryére.
Sporterfolgreich sind die Hengste weniger als ihre Wettbewerber. 4 Hengste sind 1.40 und höher erfolgreich, ihre Väter sind es allerdings ausnahmslos.

Westfalen (Westf): Rund 40 Fohlen wurden durchschnittlich von den Top-Ten-Vätern in 2023 registriert. Was einem Anteil von etwa 10 % des gesamten Westf-Jahrgangs entspricht. Der Anteil hier ist ebenso wie bei den Hannoveranern deutlich geringer, da es sich nicht um einen Spezialverband für die Disziplin Springen handelt.

Im Durchschnitt sind die Hengste mit 10 Jahren älter als ihre Kollegen von OS, Holst und Hann, wenn sie den Stuten zugeführt werden. Dazu trägt das Führungsduo – Vater und Sohn, wie in Hann und in ähnlicher Konstellation Holst. – bei. Die Nummer 1 ist Cornet Obolensky v. Clinton-Heartbreaker-Randel Z und sein Sohn Comme il faut aus der Ratina Z v. Ramiro-Almé/Holst-Stamm 8145 ist die Nummer 2.

Die Züchter sind sehr flexibel, wie drei Hengste aus Westfalen und ebenso viele aus Belgien sowie deren Väter (3 SF und 2 BWP) und eine große Zahl an unterschiedlichen Hengsthaltungen zeigen. Bei den Hengstlinien führt Diamant de Semilly-Grand Veneur mit 4 Stammhaltern (Dia Corrado v. Don Diarado-Corrado II-Cento/St. 173, Diro v. Diamant de Semilly-Sandro-Ramiro, Diamant de Casall Diamant de Semilly-Caretino-Lavall I/St. 890 und Emerald v.d.R. v. Diamant de Semilly-Carthago-Lys de Darmen) vor Cor de la Bryére (3).
Die sportlichen Leistungen der Hengste und ihrer Vorfahren sind auf Augenhöhe mit denen aus Hann.

Auch bei den Stutenstämmen und Muttervätern sind die Westfalen breit aufgestellt. Nur eine Größenordnung offenbart eine Orientierung, 4 Hengste entspringen Holst-Stutenstämmen.

Der internationale Vergleich – Cheval de Selle Francais (SF): Rund 250 Fohlen wurden durchschnittlich von den Top-Ten-Vätern in 2023 registriert. Mehr als doppelt so viele Fohlen im Vergleich mit dem stärksten deutschen Zuchtbuch. Im Mittel sind diese Hengste 17 Jahre alt, wenn sie den Stuten zugeführt werden. Etwa doppelt so alt, wie die deutschen Top-Ten-Hengste.

Die Züchter setzen ausschließlich auf im Spitzensport erfolgreiche Väter, die in unterschiedlichen Nuancen als bewährte Vererber tituliert werden dürfen. 
Drei sind von SF-Vätern und je zwei von Holsteinern sowie Belgiern. Drei Mal entspringen die Väter aus der Cor de la Bryére- und je zwei Mal aus der Almé- und Ladykiller xx-Dynastie. Hier zeigt sich deutlich der große Einfluss der Holsteiner, selbst jenseits der Landesgrenzen.

Alle Hengste sind 1.40 und höher erfolgreich, bei jeweils neun Vätern und Muttervätern ist dies ebenso. Schwerer Sport und populäre Namen in allen Generationen gehören zum Standard.
Sechs Hengste stammen aus SF-Stutenstämmen, drei sind aus Belgien. Die Mutterväter sind zur Hälfte SF, davon vier aus der Almé-Linie.

Fazit: Deutlich wird angesichts der Zahlen, dass die Springpferdezüchter der Westfalen, Oldenburger und Hannoveraner ähnliche Prioritäten setzen und sich ihre Zucht tendenziell nicht wesentlich, lediglich in Nuancen unterscheidet.

Züchterisch herausragende und prägende Hengste wie beispielsweise Argentinus, Pilot oder Stakkato spielen inzwischen Nebenrollen. Franzosen und Belgier besetzen die Hauptrollen im aktuellen Zuchtgeschehen. Und auch in Holstein gewinnen die westlichen Nachbarn an Terrain.

Die Züchter setzen in den deutschen Zuchten mit unterschiedlichen Vertretern sehr stark auf die positive Wirkung der Diamant de Semilly-Grand Veneur- und der Cor de la Bryere-Hengstlinie.

Ein Linienbegründer hat sich sowohl in Frankreich als auch in Deutschland über Generationen hinaus sowohl mit Talenten für die Parcours als auch in der Typprägung durchgesetzt: Cor de la Bryére v. Rantzau xx- Lurioso (v. Furioso xx). Das Cheval de Selle Francais erobert über Holstein die Welt und stellte in jeder Zucht im Mittel 4 Stammhalter für die Top-Ten, wobei OS mit 7 Nachkommen das Feld deutlich anführt.

Nur ein Hengst ist bei Westf, OS und Hann unter den Top-Hengsten präsent: Chaccothage Blue PS v. Chacco Blue-Conthargos-Armitage-Baloubet du Rouet/Holst-Stamm 5064 stellt insgesamt 185 Fohlen. Was ein Indiz von vielen dafür ist, dass diese Zuchtgebiete sich züchterisch nicht wesentlich unterscheiden.

Nahezu überall dominierend sind die Hengste, die für den Spitzensport liefern und dort populäre Nachkommen etablieren konnten. Ein Hengst tritt nirgends auf: Edward, was angesichts seines Sohnes King Edward, der unangefochtenen Nr. 1 bemerkenswert ist.

Prognose: Die Zukunft kann an der Stutenzahl abgelesen werden. Der Fohlenjahrgang 2024 wird in der Zahl der Mutterstuten die 2023 eingetragen waren annähernd sichtbar. Diese Zahlen sind bei allen Global Playern made in Germany rückläufig. Wobei die Spezialisten OS und Holst mehr Federn lassen müssen als ihre Wettbewerber. Die Prognose bei den Hann und Westf ist deshalb undifferenziert, weil nicht zwischen den Disziplinzugehörigkeiten unterschieden wird.

Bei insgesamt 4.626 OS-Stuten in 2023 sind es 442 Stuten weniger als im Vorjahr, ein Minus von 8,7 %.

Bei insgesamt 5.172 Holst-Stuten sind es 326 Stuten weniger als im Vorjahr, ein Minus von 6 %.

Bei insgesamt 14.233 Hann-Stuten sind es 307 Stuten weniger als im Vorjahr, ein Minus von 2 %.

Bei insgesamt 6.209 Westf-Stuten sind es 187 Stuten weniger als im Vorjahr, ein Minus von 3 %.

Diese rückläufige Entwicklung trifft allerdings in seltenen Fällen die Top-Ten-Vererber. Im Gegenteil, es könnte gerade ihnen bei der zahlenmäßigen Überlegenheit ein beachtlicher Werbeeffekt zugutekommen.